Reisebericht
zu meiner Island Reise im Juni 2019
23. Juni 2019
Auf
Island, Tag 18
von
Svinafell nach Eyjolfsstadir

Es
ist 09:00 Uhr und die Sonne hat das Zelt schon mächtig aufgewärmt.
Ich spiele mit dem Gedanken, heute hier einen Ruhetag einzulegen.
Dadurch das ich in der ersten Woche keinen Ruhetag eingelegt und
vorgestern meine geplante Übernachtung am Geysir ausgelassen habe,
liege ich meinem Zeitplan zwei Tage voraus.
Also
lasse ich es heute ganz gemütlich angehen und suche mir einen Tisch
mit Sitzbank in der Sonne aus, koche mir meinen Kaffee und schaue dem
emsigen Treiben der anderen Camper zu. Die lange Schlange vor den
Duschen ignoriere ich, denn warmes Wasser gibt es hier auch Mittags
noch in Hülle und Fülle, da brauche ich mir keine Gedanken zu
machen.
Ein
paar Scheiben Brot, mit Käse und Salami belegt, komplettieren mein
Frühstück unter freiem Himmel.

Gegen
10:00 Uhr kehrt Stille auf dem Platz ein, fast alle Camper haben den
Platz nun wieder verlassen. Nur eine Gruppe Franzosen beladen noch
ihren gemieteten Renault Trafic mit einer Unmenge von
Campingutensilien und insgeheim frage ich mich, wie sie wohl all
dieses Zeug nach Island geschafft haben.
Eine
Stunde später bin ich fast allein auf dem Campingplatz und es dauert
nicht lange, da überfällt mich wieder dieses Kribbeln im Hintern.
Will ich wirklich den Tag bei diesem herrlichen Wetter auf dem
Campingplatz verbringen?
Nein,
das schaffe ich nicht. Diesen Ruhetag habe ich eingeplant, um einen
Zeitpuffer bei extrem schlechter Witterung, bei einer Panne am
Motorrad oder bei körperlicher Erschöpfung zu haben.
All
dieses trifft auf den heutigen Tag nicht zu. Also verpacke ich meine
Habseligkeiten und begebe mich auf die Strecke. Wenn das Wetter die
nächsten Tage so bleibt, und der Wetterbericht verspricht das, kann
ich meine Reiseplanung um Plan C erweitern und mir noch Ausgiebig die
Ostfjorde und auch vielleicht noch ein Stück Hochland anschauen.
Nach
ca. 50 Kilometern erreiche ich die Stelle, an der eine Gletscherzunge
große Eisbrocken ins Meer abwirft.


Diese
„kleinen Eisberge“ haben beeindruckende Farben. Von Glasklar über
Schneeweiß bis hell Blau ist alles dabei. Auf einigen liegt noch die
Asche vom letzten Ausbruch des Eyjafjallajökull im Jahr 2010.



Wenn
man mit eigenen Augen sieht, wie viel Eis dieser Gletscher jeden Tag
verliert, stellt man sich schon die Frage, wie lange es noch dauert,
bis diese Eisgiganten von unserer Erde verschwunden sind.
Nachdenklich mache ich mich wieder auf den Weg.
Nach
35 Kilometern auf der Ringstraße führe ich einem kurzen aber
heftigen Abstecher über die F985 zum Fuße des Vatnajökull, dem
größten Gletscher Islands, durch. Die 18 Kilometer lange
Schotterpiste führt in engen Serpentinen von Meereshöhe auf 840
Meter Höhe und endet kurz vor dem Gletscher.




Es
ist ungemütlich kalt hier oben und so genieße diesen herrlichen
Ausblick nur kurze Zeit und begebe mich dann auf den Rückweg.
Im
Städtchen Höfn tanke ich BigBlue auf und kaufe für den Abend ein.
Hinter Höfn durchquere ich einen Tunnel und beim herausfahren bläst
mir ein kräftiger, warmer Wind ins Gesicht. Das Thermometer klettert
schnell auf mehr als 24 Grad C.

Ich
folge der Ringstraße weiter nach Nord-Osten und entferne mich damit
immer weiter von der Wetterküche der Gletscher.
Das
Meer liegt tiefblau eingefärbt an meiner rechten und schroffes
Felsgestein an meiner linken Seite. Genau das, was ich so liebe.


Mittlerweile
hat der Wind kräftig zugelegt und zerrt und ruckt sehr heftig an
BigBlue und mir. Einige Wohnwagengespanne haben den Kampf mit dem
Wind schon aufgegeben und stehen auf den sehr begrenzten Parkflächen
entlang der Straße. Andere ziehen mit Tempo 30 und extrem
aufschaukelnden Wohnwagen weiter ihrem Ziel entgegen.

Es
ist mittlerweile kurz nach 18:00 Uhr als ich hinter dem Örtchen
Djupivogur dem Berufjördur ins Landesinnere folge und ich
entschließe mich, den Campingplatz Eyjolfsstadir anzufahren. Der
Platz liegt ca. 3 Kilometer abseits der Ringstraße in den Bergen und
die Zufahrt ist ein wenig kniffelig.
Steiler
Anstieg, loser Schotter und enge Kurven. Aber das meistern BigBlue
und ich mittlerweile problemlos.
Der
Platz ist noch fast leer und die Betreiberin sitzt vor ihrem Häuschen
in der Sonne und winkt mir zu. Ich werde herzlich Willkommen geheißen
und eine kurze aber sehr nette Plauderei entsteht. Sie bewundert
BigBlue und zeigt mir dann ihre in die Jahre gekommene Yamaha XT 600,
der man die Strapazen dieses Landes deutlich ansieht. Sie meint, ihre
XT wäre ihr hier oben lieber als BigBlue, weil sie „etwas
leichter“ wäre. Dem kann ich leider nicht widersprechen.
Ich
lasse das Motorrad vor der Rezeption stehen und mache mich zu Fuß
auf den Weg um den Platz zu erkunden.
Als
ich um das Sanitärgebäude herum komme, werde ich auf deutsch
angesprochen: „Hey komm mal her, wir haben hier was für dich!“

Ein
Ehepaar aus der Nähe von Berlin, mit ihrem VW Bus unterwegs, winkt
mich zu sich heran und mir wird als erstes eine Dose Radeberger in
die Hand gedrückt. Mein Erstaunen ist mir vermutlich ins Gesicht
geschrieben, denn Wolf und Bine erklären mir, das wir mit der selben
Fähre angekommen sind und sich unsere Wege hier in Island schon
mehrfach gekreuzt haben, allerdings von mir völlig unbemerkt.
Wir
unterhalten uns über unser gemeinsames Hobby, dem Motorradfahren und
über dieses wunderschöne Land und… und… und…
Wie
selbstverständlich werde ich von den beiden zum Essen eingeladen.
Mein, zugegeben zaghafter, Widerspruch wird im Keim erstickt bzw.
ignoriert und kurze Zeit später sitze ich vor einer herrlich
dampfenden Gulaschsuppe.
Ein
weiteres Bier später verabschiede ich mich von den beiden, ich muss
mein Nachtlager noch aufschlagen und es ist schon spät geworden.
Diese
Erlebnisse sind ein Grund mit dafür, das ich diese Art zu Reisen so
liebe.
Danke
Euch beiden dafür.

Es
wird kühl heute Abend und ich verkrieche mich nachdem ich noch ein
paar Zeilen in mein Tagebuch geschrieben habe, gegen 23:00 Uhr in
meinen Schlafsack und falle schon bald in einen tiefen, festen
Schlaf.
Gefahrene
km: 294, Kilometer gesamt: 4453